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22 ... aus der Geschichte von Nippes

Die katholischen Kirchengemeinden (4):
St. Hildegard in der Au

St. Hildegard in der Au in der Florastraße ist die jüngste der Nippeser Kirchen und im

Stil ganz anders als die anderen Gotteshäuser. Der Begriff „Kirchenschiff“ trifft gar

nicht zu, denn die Grundform gleicht eher einem liegenden ovalen Blatt. Der Kirch-

turm steht allein.                             Fotos: Biber Happe

Die Initiative ging von Pfarrer Engels in St.  übrigens eine der wenigen barrierefreien      Altar befindet sich der schmiedeeiserne
Bonifatius aus, die Pläne stammen von          Kirchen.                                      Ambo. Von dort werden Evangelium, Le-
Architekt Stefan Leuer (1913-1979), einem                                                    sung und Predigt vorgetragen. Aufgrund
                                                            Über dem Eingang ist eine klei-  der Anordnung der Fenster wird der Blick
der bekanntesten Kirchenbauarchitekten                      ne Figur ins Mauerwerk einge-    automatisch nach oben gerichtet (rechts
des Rheinlands. Die Grundsteinlegung                        lassen: Die heilige Hildegard    und links aufsteigend). Die Fensterluken in
fand am 29. Mai 1960 statt. Sofort wurde                    von Bingen (1098-1179) mit       der Wand hinter dem Altar sind in rot und
ein Pfarrer für die neu gegründete Pfarr-                   Buch und Rose in der Hand.       weiß gehalten für Licht und Feuer („der
gemeinde benannt und der neue Kirchen-                      Sie ist die Patronin von Kirche  Flammenstrom des Heiligen Geistes“),
vorstand gewählt, der unmittelbar in die                    und Pfarrgemeinde. Die hl.       dazwischen erscheinen weltliche Früchte.
Bauausführung mit eingebunden wurde.                        Hildegard war zu ihrer Zeit von  Die Fenster in den anderen Wände sind
Schon am 28. Dezember 1960 konnte das                       herausragender Bedeutung:        blau und grün für Wasser und Wachstum.
Pfarrhaus bezogen werden. Am 6. Februar                     als Mutter und Lehrerin ihrer    Engelsgesichter und Augenmotive, die uns
1961 war die Kapelle so weit fertig, dass die               klösterlichen Gemeinschaft,      begleiten, sind durchgängig vorhanden. Je
Werktags-Gottesdienste gelesen werden                       Prophetin und unerschrockene     ein Beichtstuhl steht auf der rechten und
konnten. Die Kirchweihe fand am 3. De-                      Mahnerin vor Kaiser, Fürsten     auf der linken Seite. Neben dem linken
zember 1961 durch Weihbischof Joseph                        und Bischöfen, in ihrer Leiden-  Beichtstuhl ist ein Durchgang zur Kapelle-
Ferche statt.                                               schaft als Naturforscherin,      ebenfalls mit schönen Glasfenstern -, wo
                                               Ärztin und Apothekerin. Einige ihrer Re-      die Wochentags-Messen gelesen werden.
St. Hildegard in der Au hat ihren Standort     zeptbücher, ihrer Gesundheitsvorschläge
zwischen Nippes und Riehl, im Winkel von       und Kochbücher sind heute wieder nach-        Der Kreuzweg an der linken Seite besteht
Amsterdamer Straße und Innerer Kanal-          gefragt und im Buchhandel erhältlich.         aus Fotografien eines französischen, sehr
straße, zwischen Park, Einfamilienhäusern                                                    ungewöhnlichen Kreuzwegs. Daneben
und Wohnblocks. Von außen betrachtet,          Wenn man die Kirche betritt, ist der Kir-     hängen Ölgemälde, kreuzförmig ange-
erwartet man eine dunkle Kirche, da zwar       cheninnenraum durch eine Glaswand             ordnet, modern und nicht gegenständ-
viele, aber sehr kleine Fensterluken zu se-    abgetrennt, vor dem sich rechts und links     lich, gespendet von der Künstlerin Dieta
hen sind. Wenn man aber die Kirche be-         Glastüren öffnen. Über diesem Vorraum         Müller-Berg, die zur Gemeinde gehört.
tritt, ist man überrascht vom Licht, der       befindet sich die Empore für Orgel und        Darunter hängt ein kleines Bild des hl.
Geräumigkeit und gleichzeitig von der          Chor. Direkt hinter der Glaswand steht das    Antonius. Das gestickte Bild über dem
Intimität dieses Innenraumes. Man hat          Taufbecken mit einem schön verzierten         Durchgang zur Kapelle stellt Herz-Jesu
den Eindruck eines Rundbaus. Der Bau-          Holzdeckel. Die Glaswand ist geschmückt       dar. Die Bilder hinter dem Altar gehören
meister hat sich an keinen der früheren        mit den verschiedensten Ätzbildern unter      zusammen: der Weg der hl. Hildegard zur
Baustile angelehnt. Er hat seinen Entwurf      anderem von Hildegard, dem Opferlamm,         aufgehenden Sonne über dem Ölberg, auf
dem Lebensgefühl der 1960er Jahre nach-        Feuer und kleinen, runden Glasbildern.        den wir mitgenommen werden möchten.
empfunden, sowohl von außen als auch                                                         Rechts vor dem Altar steht ein Jesusbild,
von innen, mit Verzicht auf Verzierung         Die Gemeinde sitzt im weiten Halbkreis        an der Rückfront ein Marienbild und hin-
und Schnörkel. St. Hildegard in der Au ist     auf Bänken um den Altar. Deutlich ist der     ter den Opferkerzen die Darstellung des
                                               Altar als Tisch zu erkennen. Die Mittelstüt-  hl. Georgs.
                                               ze ziert die Darstellung des Widderlammes
                                               im Dornengestrüpp aus dem Alten Testa-        Heute ist St Hildegard keine eigenstän-
                                               ment. Rechts hinter dem Altar steht das       dige Pfarre mehr. Sie gehört zur Pfarre St.
                                               Tabernakel auf einer Stehle, links vor dem    Engelbert/St Bonifatius. Hier werden nur
                                                                                             noch wenige Messen gelesen. Schade ei-
                                                                                             gentlich.

                                                                                             Felicitas Vorpahl-Allweins
                                                                                             www.archiv-koeln-nippes.de

                                                                                               Quellen:
                                                                                               - St.Hildegard in der Au zu Köln-Nippes 1962, Hrsg:

                                                                                                 Katholisches Pfarramt St.Hildegard Köln-Nippes
                                                                                               - Hildegard von Bingen: Geheimnis der Liebe.
                                                                                               - Hildegard von Bingen: Sci vias
                                                                                               - Hildegard von Bingen: Heilkunde
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